Time to Say Goodbye: Picknicklesung und Feedback

Der fünfte und letzte Berlinisi-Tag startete äußerst entspannt. Während die einen sich bei einer Zigarette im Hof unterhielten, jammten die anderen zusammen in der Lettrétage und tanzten zu georgischer Techno-Musik. Eine ausgelassene Stimmung – David Wagner und Tom Bresemann bezeichneten diesen Morgen später sogar als Highlight des Festivals. Hier sah man plötzlich nicht mehr nur Autor*innen, die sich zum Austausch treffen, sondern Freund*innen, die zusammen eine gute Zeit haben.

Titus Meyer beim Jammen © Mirko Lux

Und so fühlte sich auch der nächste Programmpunkt – Spaziergang in den Viktoriapark und Lesung am Denkmal – ganz und gar nach Klassenfahrt an. Es wurde gesnackt und gelesen. David Wagner trug einen Text über die Schönhauser Allee vor und beteuerte noch einmal, wie traurig er sei, dass das Festival nun vorbei ist. Es folgten Lesungen u. a. von Ketevan Meparidze, Tom Bresemann, Anina Tepnadze, Giorgi Shonia und Titus Meyer. Eric Schumacher und Christophe Knoch verlesen Grundsätze des Netzwerks freie Literaturszene Berlin e. V. und der Koalition der Freien Szene auf Englisch und Hendrik Jackson trug einige Gedichte auf Russisch vor – sehr zur Belustigung der Georgier*innen.

Auf dem Weg in den Viktoriapark © Mirko Lux
Das Denkmal wird erklommen. © Mirko Lux
David Wagner liest seinen Text. © Mirko Lux
Christophe Knoch trägt die Grundsätze der Koalition der Freien Szene Berlin vor. © Mirko Lux
Hendrik Jackson und seine russischen Gedichte © Mirko Lux
Julia Dorsch rezitiert ihre Lyrik mit vollem Körpereinsatz. © Mirko Lux
Applaus für Nini Eliashvilis Gedichte © Mirko Lux

Am Abend wurde dann wirklich die allerletzte Veranstaltung eingeläutet, die letzten Worte, das Abschlussplenum – und ein Konzert: Die Künstlerin Nestan Bagration-Davitachvili verzauberte uns mit ihren georgischen Liedtexten.

Nestan Bagration-Davitachvili © Mirko Lux

Tom Bresemann führte durch den Abend und bat zunächst Julia Dorsch, Anina Tepnadze und unsere Bloggerin Angie Martiens auf die Bühne. Alle vier waren sich in ihrer kleinen Podiumsdiskussion einig, dass sich die fünf vergangenen Tage viel länger angefühlt haben – im positiven Sinne. Angie Martiens fand vor allem interessant, wie schnell die Autor*innen zueinander gefunden haben, woraufhin Anina Tepnadze erklärt, dass sie Socializing eigentlich furchtbar finde, aber mit den Festivalteilnehmenden habe sie sich sehr schnell wohl gefühlt. Auch Tom Bresemann konnte diese ganz bestimmte Atmosphäre ausmachen, die während der vergangenen Tage in der Lettrétage herrschte.

Julia Dorsch, Anina Tepnadze, Angie Martiens und Tom Bresemann © Mirko Lux

Für Angie Martiens hat sich durch Berlinisi sogar noch einmal ein ganz anderer Blick auf ihre Heimatstadt Berlin ergeben und sie mochte vor allem die Vielseitigkeit der Festivalformate. Auch Julia Dorschs Kopf sei voll von Impressionen und sie freue sich schon darauf, die ganzen Texte zu Hause noch einmal nachlesen zu können.
Zum Schluss lud Anina Tepnadze noch alle zu sich nach Georgien ein – das ist Freundschaft.

Anina Tepnadze © Mirko Lux

Nach einem weiteren Stück von Musikerin Nestan Bagration-Davitachvili, bei dem sie eindrucksvoll die Loop-Maschine bedient, geht’s mit dem zweiten Panel weiter.

Nestan Bagration-Davitachvili © Mirko Lux

Auf der Bühne sitzen nun Rudi Nuss, Ketevan Meparidze und Bloggerin Isabella Caldart. Die drei berichten, was sie außerhalb des Festivals gemacht haben. Ketevan Meparidze hat sich beispielsweise zweimal an einem Tag verfahren und Isabella Caldart war mit einer Gruppe von Georgier*innen auf dem Matthes & Seitz-Sommerfest: »The music was shitty, but we had fun anyway.«

Rudi Nuss, Ketevan Meparidze, Isabella Caldart und Tom Bresemann © Mirko Lux

Im Anschluss ging es darum, wie sich die deutsche und die georgische Literaturszene unterscheiden. Rudi Nuss stellte heraus, dass die georgischen Autor*innen einen viel direkteren Draht zu den Verlagshäusern haben und nicht alles, wie hier in Deutschland, über die Agenturen läuft. Darüber hinaus wurde angesprochen, dass es in Georgien eine viel größere Literatur-Online-Szene gibt. Schreibende stellen ihre Texte auf Facebook & Co und erhalten unglaubliche viele Likes und Feedback. Ketevan Meparidze habe das auch probiert, sei aber nur mäßig erfolgreich gewesen und habe dann wieder damit aufgehört.

© Mirko Lux

Zum Schluss des Panels gab’s noch die »last words«. Isabella Caldart hatte mehrere Highlights und ist beeindruckt, dass die Arbeit über drei Sprachen hinweg so gut funktioniert hat. Ketevan Meparidze ist immer noch begeistert von der langen georgisch-deutschen Lesenacht am Vortag und hatte anfangs Vorbehalte dem voll gepackten Zeitplan gegenüber, ist im Nachhinein aber froh, weil die Gruppe nur so wirklich eng zusammenwachsen konnte. Und Rudi Nuss’ Abschluss-Statement ist wohl das charmanteste überhaupt: »I now feel weird in the most positive sense because of you guys.«

© Mirko Lux