Fragebogen Nini Eliashvili

Heute stellt sich Nini Eliashvili unseren 10 Fragen.

1. Which impact has Tbilisi on your own work?

I love Tbilisi, but location has never been important for me.

2. What do you like about Tbilisi? What is annoying you?

The most things I love in Tbilisi are the old streets and the old architecture because it breaths like wise man, who never gets old. It breaks the old city’s coziness.

3. How is your experience with the Literature Szene in Tbilisi?

I had just one personal poetry night, but I was actualy a member of the poetry club in university.

4. On which project are you working right now?

For this time I am working for my first book.

5. How do you bring yourself in a mood for your writing? Which capabilities, which writing-environment and atmosphere do you need?

Usually a cup of coffee and cosiness is enough for me, when I have something to write. It breaks the old city’s coziness. but sometimes, when I have a strong desire to express, nothing breaks my mood.

6. How do you develop a literature text?

First of all, I felt in love with poetry, so I am reading all tastes texts. Keep trying to not resemble none of them and be natural.

7. How much time do you spend with your writing per week? Are you satisfied with that time?

It is impossible for me to determine time. There were weeks I did not write anything and there were also times I was writing every day of the week. Sometimes I am satisfied and sometimes I am disappointed.

8. On which current social topics are you interested right now? And do there have impact on your writing?

For this time I am closed in my self and nothing around me impacts my texts.

9. How did you become a writer?

I was 15 when I started writing and I started under the influence of modern authors, because I liked them.

10. How do you use the internet and social media platforms for your writing and as a place for presentation?

The most, I am using Facebook, because my friend list is full of poets. But usually I publish in the electric journal my newest poems.

Fragebogen Rudi Nuss

Unsere 10 Fragen beantwortet von Rudi Nuss.

1. Welchen Einfluss hat Berlin auf deine Arbeit?

FOMO*.

2. Was gefällt dir an Berlin? Was nervt dich?

Hier passieren viele Dinge./FOMO.

3. Wie nimmst du die Literaturszene in Berlin wahr?

Meist über den Bildschirm. Ab und an auch physisch (i.e. Lesungen).

4. An welchem Projekt arbeitest du gerade?

Einem ganz tollen Roman.

5. Wie bringst du dich für dein Schreiben in Stimmung? Welche Ressourcen, welche Schreibumgebung, -atmosphäre benötigst du?

Bevor ich anfange zu schreiben, mache ich mir eine 11-Stunden Playlist mit Dark Ambient und schlafe dann ein. Wenn ich wieder aufwache, ist der Text plötzlich da.

6. Wie entwickelt sich ein literarischer Text bei dir?

In Stückchen.

7. Wieviel Zeit verbringst du pro Woche mit deinem Schreiben, und bist du damit zufrieden?

Ich versuche mir mindestens einmal die Woche ein Zeitfenster frei zu halten. Klappt mehr oder minder. Zufriedenheit ist kein Zustand, den ich erstrebe.

8. Welche aktuellen gesellschaftlichen Themen beschäftigen dich gerade? Und haben sie Auswirkungen auf dein Schreiben?

Liebe und Identität im Kapitalismus. Depression. Post-Humanismus. Gesellschaftliche Gewalt durch Ausschlüsse. Das alles kommt (wenn es denn vorkommt) sehr abstrakt oder nebelig in meinen Texten vor.

9. Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ich hab Infinite Jest gelesen und wollte D. F. Wallace sein. Mit 16.

10. Wie nutzt du das Internet und Social Media-Plattformen für dein Schreiben und als Präsentationsort?

Eigentlich hasse ich Aufmerksamkeit. Das ist – glaube ich – eines meiner vielen Probleme.

*=Fear of missing out

Fragebogen Nika Lashxia

Unsere 10 Fragen an den georgischen Lyriker Nika Lashxia.

1. Which impact has Tbilisi on your own work?

As Tbilisi is the capital of Georgia, it appears to be the cultural center of my country and appropriately I try not to be left beyond the centre.

2. What do you like about Tbilisi? What is annoying you?

I have lots of friends in Tbilisi and I am always happy to visit, but I strongly disapprove the new architecture, that changed and changes the old Tbilisi vision.

3. How is your experience with the Literature Szene in Tbilisi?

I am actively involved in Tbilisi literature life.

4. On which project are you working right now?

I am working on my first book of Poems. Another project is my TV project on art and literature, and a project on radio with the above mentioned theme.

5. How do you bring yourself in a mood for your writing? Which capabilities, which writing-environment and atmosphere do you need?

First of all, I need total peace and cosy environment to write. Very often, music encourages me to write as well. Usually, I write in the middle of the night.

6. How do you develop a literature text?

Quite often, I go back to the poems for editting. First I write, than, perhaps, the process can last for two-three days, before I get the final version, it depends on the length of the poem and on the mood that I have during the writing process.

7. How much time do you spend with your writing per week? Are you satisfied with that time?

I do not have a fixed time or a certain week when to write. Sometimes, the week can pass by with no writings, sometimes it happens, that I write every day.

8. On which current social topics are you interested right now? And do they have impact on your writing?

Economic crisis, violation of labour rights and etc. I often write about workers, who strike to get their own work remuneration. Unfortunately, they sometimes sacrifice their lives to get daily bread.

9. How did you become a writer?

I started writing in my early childhood. I used to read day and night, that helped me to grow as a reader and to improve my writing skills.

10. How do you use the internet and social media platforms for your writing and as a place for presentation?

One of the most important key to present myself to the reader, is social media. It helps me to share my activities, projects , writings to the very huge amount of people, who always react on the posts.

Fragebogen Julia Dorsch

Für unser Festival haben wir allen teilnehmenden Autor*innen einen Fragebogen mit 10 Fragen vorgelegt, über die sie uns Auskunft geben über ihr Schreiben, über Berlin/ Tbilisi als Orte des Schreibens.

Den Anfang macht Julia Dorsch.

© HELGE FERBITZ

1. Welchen Einfluss hat Berlin auf deine Arbeit?

Vermutlich einen ständigen. Mal ist der Einfluss offensichtlich, wenn ich die Stadt beobachte und über sie Notizen mache oder gezielt über die Aspekte des Berliner Stadtlebens nachdenke und schreibe, mal ist er vielleicht eher unterbewusst, es fließt eine gewisse Lebenshaltung oder Annahme mit ein oder ich wähle unbewusst eine altbekannte Umgebung für die Verortung eines Gedichts. Berlin überbordet an den Rändern ja auch vor üppiger Natur, versteckte Seen und Wanderwege laden immer gern zu einem gedankentreibenden Spaziergang.

2. Was gefällt dir an Berlin? Was nervt dich?

Habe ich die Ränder erwähnt? Abgesehen davon genieße ich die Anonymität und die Vielfalt in verschiedener Hinsicht, z.B. auch kulinarisch, um nur einen mir lieben Punkt zu nennen… Ein anderer Vorteil von Großstädten sind die vielen Winkel und Nischen, in die man schlüpfen kann, man findet immer ein Fleckchen das zu einem passt, Stichwort Kunst- und Kulturszenen. Als Anhängerin ungeregelter Tagesabläufe bin ich außerdem Berlins Schlaflosigkeit hoffnungslos verfallen. Störend ist in meinem Kiez unter anderem etwas, dass ich aus Sicherheitsgründen als schon früh aus meinem Buggy heraus zu benennen lernte: Hundekacke! Zusammen mit verschiedenen anderen abgelegten Gegenständen und undefinierbarer Materie entwickelt sie in den Straßen mitunter strapazierende Umstände für den Geruchssinn. Ansonsten das übliche, ausfallende oder verstopfte Verkehrsmittel, Bürgerämter und der fulminante Ideenreichtum der Werbebranche, der sich auf viel zu vielen Flächen bemerkbar macht.

3. Wie nimmst du die Literaturszene in Berlin wahr?

Es gibt eine Palette von super-etabliert bis unabhängig bis underground, in Vergleich zu anderen Städten ist die Szene sehr groß, trotzdem trifft man sich wieder. Der Zugang zu den etablierten Strukturen ist nicht übermäßig transparent, es gibt diesbezüglich aber Veränderungen. Generell fehlt es für meinen Geschmack an Vernetzung im underground und newcomer Segment, insbesondere über die verschiedenen Sprachen hinweg. Meine Sicht beschränkt sich allerdings auf den Bereich Lyrik.

4. An welchem Projekt arbeitest du gerade?

Eine kleine lyrische Ausstellung soll im Oktober entstehen, ich widme mich dafür Überlegungen zur Verbindung von Lyrik und Gegenständen.

5. Wie bringst du dich für dein Schreiben in Stimmung? Welche Ressourcen, welche Schreibumgebung, -atmosphäre benötigst du?

Spaziergänge, unterwegs sein, Ortswechsel, Beobachten, Lesen und Kunst verschiedener Art bringen Ideen, das Gleichgewicht von genug Ruhe um das Innere zu Hören und Genug Impuls ist nicht immer einfach zu finden. Für das Zusammenfügen, Modellieren und Meißeln von Ideen sollte ein möglichst ruhiger, einsamer und verschlossener Raum mit einem Fenster da sein. Das wichtigste ist aber die Zeit. Das Gefühl von zeitlicher Weite für die Entstehung einer Idee, Zeit, die Dinge zu sehen, Zeit für einen freien Kopf in dem Worte und Sätze Platz haben, genug Zeit für die Arbeit am Schreibtisch und manchmal auch wenig und doch nicht zu wenig Zeit, für den gewissen Kick, eine Zeitgrenze an der richtigen Stelle. Außerdem noch genug Zeit zum Leben, damit es etwas gibt, was man zu sagen hat.

6. Wie entwickelt sich ein literarischer Text bei dir?

Ich schreibe zurzeit vor allem Lyrik, dafür sammle ich fortlaufend Wörter, Bilder, Ideen, Sätze in meinen Notizbüchern. Wenn ich Zeit finde oder, noch besser, einen Tritt bekomme, setze ich mich hin und füge alles zusammen, baue aus, ergänze, überlege mir Form, Perspektive, Beziehung usw.. Dann manchmal überarbeiten, überarbeiten und nochmal und manchmal nicht. Alternativen sind Collagen und, was ich besonders zu lieben gelernt habe, Gedichte zu Bildern und Fotos, da kann ich manchmal innerhalb von ein paar Stunden richtig abgehen und einfach runterschreiben.

7. Wieviel Zeit verbringst du pro Woche mit deinem Schreiben, und bist du damit zufrieden?

Die Zeit in Stunden zu schätzen ist schwer, da Notizen-sammeln, Nachdenken, Recherchieren, Zusammenfügen, Ausarbeiten, Erarbeiten, Überarbeiten unregelmäßig und zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden. Ich schätze 0 bis 8 Stunden. Allerdings würde ich gern viel mehr Zeit haben, in meiner Idealvorstellung kann ich mich an mehreren Tagen die Woche an meine Texte setzen und Schreibspaziergänge machen. Ich wünsche mir vor allem eine gewisse Regelmäßigkeit, sodass ich kontinuierlicher arbeiten kann, was mit Job& Studium leider nicht so einfach ist. Zudem beansprucht die Arbeit „um das Schreiben herum“ ja auch einiges an Stunden.

8. Welche aktuellen gesellschaftlichen Themen beschäftigen dich gerade? Und haben sie Auswirkungen auf dein Schreiben?

Fragen bezüglich Konsum, wie man ihn verändern und ihm ausweichen kann, z.B. verschenken, tauschen, reparieren, selber machen, „Reste“ nutzen usw.. Außerdem interessieren mich gemeinschaftliche Wirtschaftsformen. Diese Themen habe ich aber bisher nicht direkt in mein Schreiben miteinbezogen.

9. Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ganz klassisch: als Teenager über das Tagebuchschreiben, einen bestärkenden Lehrer zur Zeit des Themas „Lyrik“ im Deutschunterricht, einen Besuch mit Lyrikanthologie-Kauf bei einer kleinen Literaturmesse und ein generelles Gefühl von Sturm&Drang.

10. Wie nutzt du das Internet und Social Media-Plattformen für dein Schreiben und als Präsentationsort?

Ich nutze Facebook innerhalb meines Kollektivs und auch einzeln als eine Art Werbeplattform, bin damit aber eher unzufrieden, es gibt meines Erachtens ein Überangebot und ich finde es schwierig, eine Zielgruppe zu finden und zu erreichen.

Dirk Skiba

Und noch eine schöne Neuigkeit: der Autor*innenfotograf Dirk Skiba wird das Berlinisi-Festival mit einer kleinen, aber feinen Ausstellung begleiten.

12 Portraits von georgischen Autor*innen, darunter u.a. Shota Iatashvili, Eka Kevanishvili, Giwi Margwelaschwili und Tamta Melashvili, werden in den Räumlichkeiten der Lettrétage präsentiert.

Mehr über die Arbeiten von Dirk findet Ihr auf seiner Homepage.

Nestan Bagration-Davitashvili

Wir freuen uns ganz besonders auf die Pianistin, Sängerin und Komponistin Nestan Bagration-Davitashvili. Sie wird als Special Guest im Rahmen des Berlinisi-Festivals am 2. September 2018 auf der Finissage performen.

Einen Vorgeschmack findet Ihr hier: https://vimeo.com/nestan

Foto: Kaha Kakabadze

Nestan Bagration-Davitashvili

Pianist, singer, composer
Growing up in a famous Georgian artist Ancestry royal family, was faced early on with the pianist in the world of culture, has many inspirations take in, process, and continued to develop artistically quickly.
First performances at age 5 years. She studied piano in Tbilisi, Georgia at the music school.
At the age of 16 you got the special prize „Discovery of Festival“ at the Festival ‚Margarita 96 “
As a scholarship student of the Berklee College of Music in the U.S., she composed the first works.
Since 2007, she received a scholarship from the Yehudi Menuhin launched „live music now“ and in 2009 Fellow of a DAAD scholarship.
Critics wrote about her:
„If the pianist Nestan Bagration-Davitashvili occurs, we see how“ music borders „is passed by our ears, how to approach seemingly different genres of music at the end, come together, or also be attributed to their common ground.
Nestan Bagration-Davitashvilis music is an open-hearted commitment to the origins of mankind. It needs no words, phrases or a specific language. Alone satisfy her syllables to express all human emotions of joy and pain. But one thing will lead like a red thread through the concert tonight: the highest intensity of her presentation.
„Their music does not quote, it is new. It takes in everything around us and includes it in a new way: noise, sound, music.
Their energy comes from the stomach and catapulted himself through the heart and intellect. She sings, reads, plays … “
And it is the comprehensive training and mental penetration because, Nestan Bagration-Davitashvili knows exactly what paths are going in the interpretation and music scene.
Your analysis skills are overwhelmed their intuition in every way. It has to develop in recent years, their own personal style that can be difficult to define. Thus, their interpretations are genre independent today, marked by high, stirring Intensitet.
Currently lives and works Nestan Bagration-Davitashvili in Berlin, Germany

Interview David Wagner

Interview mit David Wagner

Vom 16.-23. April 2018 besuchten die drei Berliner Autor*innen Paula Fürstenberg, Hendrik Jackson und David Wagner im Auftrag der Lettrétage die georgische Hauptstadt Tbilisi. Gemeinsam mit den drei georgischen Autor*innen Eka Kevanishvili, Tamta Melashvili und Zviad Ratiani erkundeten sie die Stadt, befragten sich gegenseitig über Arbeits- und Schreibbedingungen in ihren jeweiligen Ländern, über den jeweils sehr unterschiedlichen Literaturbetrieb, aber auch über ganz alltägliche Dinge. Diese dialogischen Annäherungen waren angedacht als Ausgangspunkt für die Konzipierung eines deutsch-georgischen Begegnungsfestivals für junge Autor*innen, das jetzt vom 29.8. – 2.9.2018 in Berlin stattfindet.

Für alle drei Autor*innen war es die erste Begegung mit Georgien. In den von den Filmemacher*innen Sabine Carbon und Felix Oehler geführten Interviews berichten Paula, Hendrik und David von ihren Eindrücken.

Teil 1: DAVID WAGNER 

      

Absurde Treppenkonstruktionen, die nirgendwohin führen

Für David Wagner als leidenschaftlicher Stadtspaziergänger ist Tbilisi ein idealer Ort. Liebe auf den ersten Blick. „Eine irre Stadt“, stellt er fest, um dann über die „verfallene Pracht“ und den „Ruinencharme“ von Tbilisis Altstadt zu schwärmen, in der viele Bewohner und Besatzer ihre Spuren hinterlassen haben. Mit ambivalenten Gefühlen bewundert er auf seinen Streifzügen „ Setzungsrisse so breit, dass sich eine Hand hindurchstecken läßt“ und „absurde Treppenkonstruktionen, die nirgendwohin führen“. Man fühle sich hier, obwohl es architektonisch so verschieden ist, stark an das Berliner der 90er-Jahre erinnert. Hier und da sehe man schon ein „lieblich“ renoviertes Haus, vereinzelte Häuserzeilen seien pastellfarben herausgeputzt, in Eisfarben. Eine Entwicklung, die in Berlin schon fast abgeschlossen sei. David interessiert die Frage, ob er und seine Georgischen Gastgeber*innen sich vorstellen können, wie Tbilisi in 10 oder 15 Jahren aussehen wird – ob sie die Stadt dann noch wiedererkennen würden? Er selbst habe die leise Befürchtung, dass die Stadt einen Teil ihres Charmes verlieren wird, weiß aber auch, dass sein romantisierender Blick den realen Wohn- und Lebensbedingungen nur bedingt gerecht wird. Er verstehe durchaus, „warum man hier nicht in halb zusammengefallenen, holzwurmzerfressenen Häusern wohnen möchte“, andererseits biete die bröckelnde Altstadt eine identitätstiftende Heimat.

 

Eingenistet in der Idylle

Ambivalent auch Davids Haltung zum Treffpunkt der Projektgruppe, an dem die Autor*innen sich täglich begegnen und austauschen: Es ist das 2008 renovierte Writer’s House, eine prachtvolle Villa im Art Nouveau-Stil, die Anfang des 20. Jahrhunderts für einen georgischen Brandy-Produzenten erbaut wurde. „Hier sind wir im Prospekthaus“, sagt David, „haben uns in der Idylle eingenistet. Eigentlich müssten wir unsere Treffen draußen in den Plattenbauten abhalten, in der wahren Trostlosigkeit der Gegenwart, der wir Schriftsteller uns aussetzen müssen.“ Die eigentliche Stadt, das Tbilisi von heute sei dort draußen, wo die Wohnblöcke und Hochhäuser stehen.

Schreiben ist immer schwierig

Auf die Frage nach den Arbeits- und Schreibbedingungen in Tbilisi und Berlin antwortet David zunächst sehr allgemein: Schreiben falle ihm grundsätzlich schwer. Er zitiert das Bonmot, man sei Schriftsteller, weil einem das Schreiben besonders schwer falle. Natürlich biete der deutschsprachige Literaturbetrieb sehr viele Fördermöglichkeiten in Form von Stipendien, Einladungen, Lesungen und Veranstaltungen. Fördermöglichkeiten, die einem die Chance ermöglichen, zumindest  teilweise vom Schreiben zu leben. „Diesen Luxus gibt es in Georgien anscheinend nicht“, stellt David fest, „in einem kleinen Land, mit wenig Publikum, nur wenigen Verlagen und keinem vergleichbaren Literaturbetrieb.“ Es sei aber trotz der unterschiedlichen materiellen Bedingungen, interessant zu sehen, wie Autor*innenbiografien sich ähneln. Er erzählt von seinen Gesprächen mit Tamta Melashvili, mit der David sich intensiv ausgetauscht hat.

Die große Leere nach dem Erfolg

Tamta hatte das Glück, dass ihr Debütroman „Abzählen“ (Unionsverlag, 2012) insbesondere in Deutschland großen Erfolg hatte und mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis auszeichnet wurde. Sie wurde im deutschsprachigen Literaturbetrieb herumgereicht, erhielt Einladungen und hat die Aufmerksamkeiten genossen, musste aber auch die Kehrseite erfahren: Nach dem Erfolg mit dem ersten Buch, blieb er beim zweiten aus. „So ein Auf- und Ab kenne ich auch“, sagt David, „es ist nicht immer leicht, den Erwartungen – auch den eigenen – gerecht zu werden. Nicht jedes neue Buch könne seinen Vorgänger übertreffen.“ Letztendlich, sagt David, sei jeder Autor mit seinem Text allein, ob dieser nun auf Deutsch oder auf Georgisch geschrieben werde.

Inkubationszeit

David ist gespannt, was die Eindrücke, die er aus Tbilisi mitnimmt, mit ihm machen werden. Ob sie sich in seinem Schreiben niederschlagen werden? Das wisse er noch nicht, könne es auch nicht abschätzen. Manchmal dauere es sehr lange. Er schreibe Tagebuch, verrät er, und erinnert daran, dass aus dem Journal, das er während eines zweimonatigen Aufenthaltes in Bukarest im Jahr 2002 geführt habe, erst in diesem Jahr – 16 Jahre später (!) – ein Buch über seine dortigen Stadterkundungen entstanden sei. So müsse man Schreiben denken, in Jahrzehnten, fügt er ironisch hinzu. Jedenfalls sei es auf- und anregend, etwas zu sehen, das sich von der gewohnten Umgebung unterscheide.

Auf die letzte Frage, mit welchem Bild er seinen Aufenthalt in Tbilisi zusammenfassen würde, antwortet David zögerlich. Er denkt an einen Spaziergang, bei dem er plötzlich in den Ruinen eines nicht fertiggestellten Neubaus stand, „in einer Ruine der Moderne“, sagt er. Und wie seltsam es ihm vorgekommen sei, „im Schutt und auf Betontrümmerteilen zu stehen“ und gleichzeitig auf den Regierungspalast und die Villa eines Oligarchen zu schauen, der sich mitten im Naturschutzgebiet über der Stadt einen Palast mit eigenem Hubschrauberlandeplatz errichtet hat.